Bürgerinfo - Stadt Forst (Lausitz)

Auszug - Bericht zur Situation der Drogenproblematik bzw. des Alkoholkonsums und zu den eingeleiteten entsprechenden Maßnahmen durch den Landkreis Spree-Neiße (Amtsarzt, Herr Dr. Sondergeld, und FBL Kinder, Jugend und Familie, Herr Dr. Thuns)  

 
 
10. Sitzung des Ausschusses für Kultur, Bildung und Soziales
TOP: Ö 7
Gremium: Ausschuss für Kultur, Bildung und Soziales
Datum: Mo, 09.11.2015 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 18:30 - 21:30
Raum: Sitzungsraum P211
Ort: Rathaus Promenade 9, 03149 Forst (Lausitz)

Herr Dr. Thuns, Fachbereichsleiter Kinder, Jugend und Familie beim Landkreis Spree-Neiße, erläutert Struktur und Arbeitsaufgaben seines Fachbereiches in Verbindung mit den entsprechenden Maßnahmen.

 

-          Angebote der Jugend- und Sozialarbeit, auch in Richtung Prävention bei Drogenmissbrauch und Alkoholkonsum

-          Jugendkoordination in der Stadt selbst, Unterstützung mobiler Jugendarbeit (Streetworker) und Intervention bei Jugend- und Schulsozialarbeit an einigen Schulen, z. B. Grundschulen Keune, Mitte, Nordstadt und Oberschule, Unterstützung des SFZ und des Jugendklubs „Waggon“ und unter dem Begriff „rderung der Erziehung in der Familie“ Unterstützung des Familientreffs in der GS Nordstadt und des Mehrgenerationenhauses sowie Angebote für Kinder in Tagesstätten

-          Der Bereich Kindeswohlgefährdung ist Aufgabe des allg. sozialen Dienstes (Einschätzung zur Herausnahme aus der Familie und Unterbringung bei Pflegeeltern oder im Heim), wobei nicht durch Antragstellung der Eltern selbst die Hilfeleistung erfolgt, sondern durch Anzeigen zur Kindeswohlgefährdung und Bekanntwerden.

-          2014 (20 Fälle) und 2015 (30 Fälle) Anstieg von Missbrauchsfällen der Droge Crystal- Meth bei diesen Eltern, dadurch erhebliche Gefährdungssituationen der Kinder in den Familien. Beratung und Angebote zur Sucht- und Drogentherapie.

-          Die Jugendgerichtshilfe ist ebenfalls ein Arbeitsbereich des allg. sozialen Dienstes (Straftaten alkohol- und drogenkonsumierender Jugendlicher). Im Jahr 2011 ca. 30 und 85 Fälle im Jahr 2015 in Forst. Dramatischer Anstieg von Rauschgiftkriminalität lt. Polizeiberichten und Statistik kann in der Arbeit nicht bestätigt werden. Gründe: durch erhöhte Präsenz und Aufmerksamkeit der Polizei Anzeige und statistische Erfassung von mehr Fällen. 

-          Jugenddelikte in Forst: 2013 = 118, 2014 = 121 und 2015 = 86 gemeldete Täter (meistens Minderjährige). 64 Fälle aus 2015 sind Eigentumsdelikte wie Laden- und Fahrraddiebstahl, hinzukommen Handtaschenraub und Betrug, bei 30 Tätern Zusammenhang mit Drogen, hier ist das Alter der Straftäter dramatisch (ab 14 bis 20 Jahre). Besorgniserregend ist aber nicht der Anstieg, sondern die Heftigkeit der Karrieren durch höhere Wirksamkeit der Drogen und deutliche Abnahme der Hemmschwellen für Straftaten.

-          r Projekte der Jugend- und Jugendsozialarbeit stellt der Landkreis in Forst 8,77 Stellen zur Verfügung und ist mit mehr als 280 T€ an der Mitfinanzierung beteiligt. Dies sind Leistungen im Präventionsbereich, im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes, Maßnahmen zur Suchtprävention im Zusammenhang mit dem Gesundheitsamt und Unterstützung im Kita-Bereich mit dem Programm „Papilio“.

 

Ausführungen des Amtsarztes, Herrn Dr. Sondergeld:

 

-          Bericht der Polizeiinspektion zur Drogenkriminalität wurde den Stadtverordneten vor kurzem vorgestellt. Keine Statistiken im Land Brandenburg zur Anzahl von Suchtmittelkonsumenten und zu regionalen Schwerpunkten.

-          Angebotshilfe des sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitsamtes zur bedarfsgerechten Versorgung und Weitervermittlung im ambulanten, stationären und teilstationären rehabilitierten Bereich. Suchtarbeit ist großer Teil davon - im Bereich Forst 2014 Betreuung von 78 Personen mit der Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit, davon ca. 5 Personen mit Abhängigkeit von anderen Suchtmitteln (Cannabis oder Tabletten, hier Beruhigungsmittel). Insbesondere Betreuung von Erwachsenen mit einem Altersgipfel von ca. 50 Jahren. Alkoholproblematik in den letzten Jahren in Forst stabil. 20 % der Suchtberatung entfällt auf Angehörige. Betreuung reiner Abhängigkeit von illegalen

Drogen (Opiate, Cannabis, Stimulanzien) im „Tannenhof“. Regelmäßige Betreuung von 16 alkoholabhängigen Personen in einer Suchthilfegruppe, angeleitet durch einen Suchttherapeuten des Gesundheitsamtes.

 

-          Im Auftrag der Landessuchtkonferenz Durchführung einer Studie im Schuljahr 2012/13 zum Suchtkonsum in Schulen bei 10. Klassen mit Beteiligung des Landkreises (in Forst Teilnahme der Gutenberg-Oberschule, des Gymnasiums und der Förderschule). Auswertung nach Landkreisen. Im Vergleich zum Land Brandenburg bei 10. Klassen des Landkreises SPN kein erhöhter Konsum von Alkohol, Haschisch und Ecstasy. Auffällig war ein erhöhter täglicher Tabakkonsum: Landkreis 20 %, Land Brandenburg 16 %. Ergebnis der Studie: Jugendliche im Land Brb. zeigen sich resistenter gegenüber Alkohol und Tabak. Problem ist aber noch Rauschtrinken. Ca. 59 % der Jugendlichen trinken einmal im Monat mehr als 5 Getränke bei einer Gelegenheit.

-          Eine weitere bundesweite Studie stellt bei 14- bis 17-Jährigen keinen bedeutsamen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Sozialstatus fest. Bei Jungen jedoch ein Zusammenhang mit Schulbesuch: Haupt- und Realschüler konsumieren mehr Alkohol  als Gymnasiasten.

-          Der „Tannenhof“ hat eine Suchtberatungsstelle (1,25 Stellenanteil) mit stetiger Förderung durch den Landkreis. Regelmäßige Betreuung von 59 Personen im Jahr 2014 durch den „Tannenhof“, 2013 waren es 88 Personen (Hinweis auf Rückgang). Von den Betreuten sind 40 - 50 % Empfänger von Transfer-Leistungen, ca. 30 % Erwerbstätige, der Rest Berentete oder in einer Ausbildung. In Forst Gruppe von 10 - 30 Personen Opiat-Konsumenten (Anzahl stabil, wenig Neuzugänge). Problem mit Crystal-Meth nicht vordergründig für Forst, 2014 gab es 2 Betreuungsfälle wegen Stimulanzien (worunter Amphetamine wie Crystal-Meth fallen). Bei älteren Betreuten vorwiegend Alkoholkonsum, jüngere auch illegale Drogen.

-          Ein weiteres Präventionsprogramm „be smart - dont start“ ist der „Nichtraucher-Wettbewerb“ an Schulen. Inhalt: attraktives Gestalten des Nichtrauchens, damit aus Gelegenheitsrauchern oder Nichtrauchern keine Raucher werden. Finanzielle Unterstützung des Landkreises am Wettbewerbsende in Form eines 100-Euro-Schecks für die Klassenkasse. Mitgestaltung des Projektes durch den „Tannenhof“.

-          Zusammenfassung: In den letzten Jahren keine akute Zunahme der Suchtsituation in Forst, aber weiterhin viel zu tun im Bereich der Suchtprävention und Suchttherapie. Die angelaufenen Interventionsprogramme sind weiterzuführen. Auch das Gesundheitsamt beteiligt sich an diesen Maßnahmen und bietet seine Kompetenzen an.

 

Herr Dr. Jaehn: Es waren in diesem Jahr zwei Tote zu beklagen. Er bat um Auskunft, wann an den Schulen Präventionsarbeit stattfindet. Wann gibt es Taschenkontrollen in Schulen und Jugendklubs? Er sieht nichts Konkretes zur Problembeherrschung, aber ein Defizit in der Prävention. Der Bericht befriedigt ihn nicht.

 

Herr Dr. Thuns geht nochmals auf die Sozial- und Präventionsarbeit an den Schulen ein, auf die notwendige Einbeziehung des Elternhauses und die gute Zusammenarbeit mit Polizei und Gesundheitsamt.

 

Herr Zuber: Präventionsarbeit mit Jugendlichen wird gemeinsam aufgebaut und begleitet vom Landkreis, von der Stadt Forst (Lausitz) und vielen privaten Trägern. Im Kindergartenbereich ist in der größten städtischen Kita „Kinderland“ das Papilio-Programm etabliert, um soziale Kompetenzen zu fördern. An fast allen Grundschulen gibt es seit ca. 10 Jahren ein Präventionsprogramm Klasse2000, bei dem es auch um das Bewusstsein für den eigenen Körper geht. In den weiterführenden Schulen (Oberschule und Gymnasium) kommt zur Kompetenzförderung von Schülern, Lehrern und Eltern das Lions-Quest Programm zum Einsatz. Auch die Polizei wirkt präventiv bei Elternversammlungen in den Schulen auf Alkohol- und Tabakkonsum sowie klassische Betäubungsmittel ein. Frage ist, ob die bedauerlichen tragischen Fälle dieses Jahres durch andere Präventionsketten hätten verhindert werden können. Anlass sind sie für eine stärkere kontinuierliche Abstimmung zwischen dem Landkreis und den anderen Partnern, um die Präventionsarbeit für die Stadt Forst (Lausitz) weiterzuentwickeln.