Bürgerinfo - Stadt Forst (Lausitz)

Auszug - Große Forster Stadtkantine  

 
 
4. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Soziales und Sport
TOP: Ö 9
Gremium: Ausschuss für Bildung, Soziales und Sport
Datum: Mo, 09.03.2020 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 18:30 - 20:55
Raum: Sitzungsraum L203
Ort: Rathaus Lindenstraße 10-12, 03149 Forst (Lausitz)
SVV/0107/2020 Große Forster Stadtkantine
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Herr Paeschke
Federführend:Fraktion Die Linke. Bearbeiter/-in: Rattey, Karin

Herrn Paeschke wird weiterhin Rederecht erteilt.   

 

Herr Paeschke: Die Vorlage wurde bereits in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Im heutigen Ausschuss wird er sich auf die Erläuterung der sozialen Komponente konzentrieren. In den letzten Jahren gab es deutliche Veränderungen bei der Essenversorgung in Kitas und Schulen (Lieferung aus Cottbus) sowie auch im Krankenhaus durch Schließung der Küche (Lieferung aus Kamenz). Die Meinungen über das Essen sind differenziert bzw. die ursprünglichen Erwartungen nicht erfüllt. Auch die DRK-Pflegeeinrichtung hat ihre Küche geschlossen, so dass es in der Stadt und im Umfeld für ältere und auf besondere Ernährung angewiesene Personen diese Essenversorgung nicht mehr gibt. Deshalb soll in der Stadt eine zentrale Einrichtung geschaffen werden, die drei Komponenten erfüllt: Essenversorgung mit vor Ort hergestellten Speisen für Kitas und Schulen (nach Ablauf des jetzigen Vertrages), für das Krankenhaus und für die älterwerdende Bevölkerung. Die im Innenstadtbereich zentral gelegene Kantine sollte für jeden Bürger bzw. alle Bereiche (Rentner, Pensionäre, Fahrradtouristen) Essen mit moderaten Preisen in einem entsprechenden gastronomischen Ambiente anbieten, aber auch Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Hintergrund für den jetzigen Zeitpunkt ist die Suche nach eigenen Projekten für die Möglichkeit der Finanzierung aus dem Strukturfonds zur Umgestaltung der Lausitz nach dem Kohleausstieg. Sie sollten nachhaltig sowie für die Bürgerinnen und Bürger sichtbar und nutzbar sein.

 

Herr Rother äert sich positiv zu diesem Vorschlag, sieht aber Klärungsbedarf im Hinblick auf den § 92 der Kommunalverfassung (Gründung eines privaten Unternehmens mit städtischer Beteiligung).

 

Herr Zuber ergänzt: Eine wirtschaftliche Betätigung der Kommune ist laut  Kommunalverfassung nur bedingt und in engen Grenzen möglich. Er zitiert die zutreffenden Paragrafen. Es wird davon ausgegangen, dass die private Lieferung von Leistungen im Bereich der Speisenzubereitung durch wirtschaftliches Erbringen von Dritten kostengünstiger ist als die Selbstherstellung. Somit gestaltet sich das Vorhaben im Sinne der Kommunalverfassung als schwierig.

 

Frau Beyer sieht bei diesem Projekt vorrangig freie und private Träger. Auch Volkssolidarität, Fa. Helbeck, Fa. Solaris, Gerichtslaube sind Essenanbieter.

 

Frau Bandow fragt, ob eine Bedarfsanalyse zur Anzahl der nichtversorgten Bürger erstellt wurde.

Herr Paeschke: Die Bedarfsanalyse wäre Bestandteil der Entwicklung des Betreibermodells. Er äert sich zu den verschiedenen möglichen Varianten.

 

Frau Dreßler stimmt diesem Vorhaben zu. Die Altersstruktur in Forst weist viele Senioren aus, die eine Begegnungsmöglichkeit haben möchten. Die Essenherstellung könnte mit regionalen Produkten und am Ort erfolgen. Vor 14 Tagen war der Lausitzbeauftragte, Herr Dr. Freytag, in Forst und animierte zum Einbringen von Projekten und Ideen im Rahmen der Strukturförderung. Die Fraktion hat nun dieses Vorhaben zu Papier gebracht, das nicht von vornherein als negativ beurteilt werden sollte.

 

Frau Zimpel meint, dass der Zeitpunkt des Vorhabens ungünstig ist; denn aktuell sind zwischen 3 - 5 Projekte zu bearbeiten. Der Fokus sollte auf die bereits begonnenen Projekte gerichtet und das Vorhaben Stadtkantine in 2 - 3 Jahren in Angriff genommen werden.

 

Herr Staudacher spricht das Risiko bei der öffentlichen Ausschreibung an, falls private Unternehmer günstigere Angebote als die Stadt unterbreiten. In Frage stellt er auch die Schaffung von Arbeitsplätzen, wenn durch dieses Vorhaben Restaurants schließen müssten. Ist eine  Begegnungsstätte gewünscht, kann dafür ein Antrag gestellt werden. Senioren erhalten oftmals das Essen nach Hause und würden sich nicht in einer Stadtkantine treffen. Wenn der Wunsch nach einer Bedarfsanalyse besteht, um den Bedarf für die angesprochenen Personengruppen zu ermitteln, dann sollte dies auch Inhalt der Vorlage sein. Er hofft, dass die Vorlage abgelehnt wird. Das Vorhaben ist nicht konform mit dem Bedarf. Die heimische Wirtschaft wird zerstört und die Unternehmen werden vom Markt gedrängt. Dieses Vorhaben unterstützt er nicht.

 

Herr Rother sieht das Vorhaben nicht negativ. Wenn der Bedarf dafür analysiert wird und im Rahmen des Kohleausstiegs Fördergelder beantragt werden könnten, wäre vielleicht die Gründung einer GmbH mit einem privaten Betreiber möglich. Die Stadt als Anteilseignerin gibt dann das Fördergeld als Zuschuss weiter.

 

Herr Staudacher spricht nochmals die bereits erwähnten §§ 91 und 92 der Kommunalverfassung an. Durch das Vorhaben verlieren private Unternehmer und Restaurantbetreiber Kunden und werden arbeitslos. Genau das Gegenteil hat das Ernst von Bergmann Klinikum vor, indem die Innenstadt im Bereich der Geriatrie- und Tagespflege ausgebaut wird. Entsprechend preisgünstigerer Angebote bei Neuausschreibung würde auch die Großkantine nach gewisser Zeit wieder vom Markt verschwinden. Bei der Strukturentwicklung gibt es zwei Varianten: einmal Investitionen in die Infrastruktur und zum anderen in die Unternehmensförderung mit der Schaffung von Wirtschaft. Für seine Fraktion bedeutet Strukturentwicklung Infrastruktur mit der Ansiedlung von Unternehmen und der Akquirierung von Fachkräften. Eine Stadtkantine ist dafür nicht notwendig.

 

Frau Sonntag begrüßt grundsätzlich dieses Vorhaben, weil für Senioren Liefermöglichkeiten geschaffen werden und preisgünstiges Essen angeboten wird. Eine öffentliche Kantine gibt es auch im Kreishaus, außerdem eine Großche, deren Leistungsfähigkeit vielleicht noch höher liegen könnte. Deshalb sollte eine vorhandene Großche in die Überlegungen einbezogen werden. Preiswertes und gestütztes Essenangebot für Senioren ist eine Utopie und auch über staatliche Förderung nicht möglich. Die ansässigen Unternehmen müssen gestärkt werden. Zusätzlich kann überlegt werden, welche Unterstützung oder Zuschüsse für Senioren möglich wären.

 

Herr Jaschan: Als Frau Helbeck das Forster Unternehmen noch führte, versuchte sie es im Forster Hof mit einer Seniorenbegegnungsstätte, was nach kurzer Zeit scheiterte. Die Vorhabenidee mit mobilem und preisgünstigem Essenangebot ist gut, aber andere Unternehmen dürfen dadurch nicht kaputtgemacht werden.

 

r Frau Beyer ist das Vorhaben in den Markt eingreifend. Bei der Anschubfinanzierung über Fördermöglichkeiten sollte auch die zukünftige Entwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Was ist in 20 Jahren?

 

Herr Paeschke: In den nächsten drei Wochen wird das Strukturgesetz beschlossen und die Mittel aus dem Strukturfonds werden bereitgestellt. Deshalb wurde jetzt die Idee zur Vorhabenentwicklung eingebracht; denn das von der Stadt beantragte Projekt ist nur die Elektrifizierung der Eisenbahnlinie zwischen Forst und Cottbus. Auch das Vorhaben Stadtkantine ist ein Infrastrukturprojekt. Es gehen keine Arbeitsplätze verloren und die Betreibung muss geklärt werden. Er führt an, dass sich keine Forster Unternehmen weder bei der Ausschreibung der Essenversorgung für Kitas und Schulen noch für das Krankenhaus beteiligten. Man kann das Vorhaben pauschal ablehnen. Aber welche Vorschläge gibt es, um die Stadt zu entwickeln und voranzubringen?

 

Frau Sonntag: Aus ihrer Sicht handelt es sich nicht um eine pauschale Abwehr. Es gibt Gründe, dass Forster Unternehmen weder die Essenversorgung im Krankenhaus noch in Kitas und Schulen übernommen haben. Fraglich ist, ob sich ein wirtschaftliches Unternehmen oder die Kommune auf Dauer eine Stadtkantine leisten kann. Die Investitionen dafür werden ohne Förderung aus dem Strukturwandel nicht möglich sein. Das von der Bürgermeisterin vorgelegte umfangreiche Arbeitspapier für den Strukturwandel enthält vielseitige Ideen und ist gut aufgestellt.

 

Abstimmung Stadtverordnete: 2/5/0

Abstimmung Sachkundige Einwohner: 1/4/1