Bürgerinfo - Stadt Forst (Lausitz)

Vorlage - SVV/0591/2005  

 
 
Betreff: Verfahrensweise bei der möglichen Zusammenlegung von Kultureinrichtungen in der Stadt Forst (Lausitz)
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Herr Zuber
Federführend:Haupt- und Personalamt Bearbeiter/-in: Zuber, Sven
Beratungsfolge:
Stadtverordnetenversammlung Entscheidung
16.12.2005 
13. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung geändert beschlossen   

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

Die Stadtverordnetenversammlung beschließt bezüglich einer möglichen Zusammenlegung der städtischen Einrichtungen
 

·         Stadtbibliothek

·         Stadtarchiv und

·         Brandenburgisches Textilmuseum Forst (L.)

 


folgende Verfahrensweise:

 

1. Die Phase Vorplanung wird bis zum 30.06.2006 abgeschlossen mit folgendem Ablauf:

 

a)      Die Verwaltung gibt auf der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Soziales am 06.03.2006 eine ausführliche Information über den Zwischenstand. Dabei werden besonders die zurückliegenden Entwicklungen der Einrichtungen und deren individuell neu entwickelten Leitbilder im Vordergrund stehen. Berücksichtigt werden dabei auch Möglichkeiten und Grenzen der Entwicklung der zur Zeit vorhandenen Standorte der Einrichtungen und der erste Entwurf eines integrierten Gesamtkonzeptes für einen möglichen neuen Standort.

 

b)      Die Beratung und Beschlussfassung des integrierten Gesamtkonzeptes soll erfolgen auf der
 

1.            Sitzung des Ausschusses für Kultur und Soziales am 29.05.2006

2.            Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 01.06.2006

3.            Sitzung des Hauptausschusses am 14.06.2006

4.            und auf der Stadtverordnetenversammlung am 30.06.2006

 

c)      Auf der Grundlage des integrierten Gesamtkonzeptes wird die Stadtverordnetenversammlung am 30.06.2006 entscheiden, ob das Projekt vorbehaltlich einer Finanzierungsmöglichkeit realisiert wird.
 

d)      Das integrierte Gesamtkonzeptes beinhaltet (Vorplanung)
 

·         die detaillierte Analyse der bestehenden Situation der Kultureinrichtungen und dem Aufstellen individueller Leitbilder der Einrichtungen

·         die Entwicklung der Bibliothek, des Archivs und des Museums zu einer gemeinsamen Einrichtung an einem konkreten Standort, inklusive Vorplanung, Schätzung der Gesamtkosten, Finanzierungsplanung und Aussagen über Erfolgsaussichten von Förderprogrammen

·         Alternativaussagen über die Entwicklungsmöglichkeiten an den jetzigen Standorten bzw. Lösungen mit verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der Einrichtungen.

 

2.            Die Phase Detailplanung soll bis zum 31.12.2007 abgeschlossen werden. Sie beinhaltet die Entwurfs- und Genehmigungsplanung und die Akquise von Fördermitteln. Entsprechend dem Planungsfortschritt liegen für verschiedenen Nutzungsbereiche erste Feinplanungen vor.

 

3.            Die Phase Umsetzung beinhaltet die Ausführungsplanung und Baurealisierungen. Sie ist abhängig von der Bereitstellung finanzieller Mittel (u.a. Vorlage von Zuwendungsbescheiden) und soll spätestens mit dem Bezug des Standortes bis zum 31.12.2010 abgeschlossen sein.

Erläuterungen:

Erläuterungen:

 

Im Rahmen des Haushaltsicherungskonzeptes der Stadt Forst (L.) hat die Stadtverordnetenversammlung auf der Sitzung am 27.02.2004 beschlossen, die organisatorische und räumliche Zusammenlegung der Stadtbibliothek, des Stadtarchivs und des Brandenburgischen Textilmuseums Forst (L.) zu prüfen. In diesem Zusammenhang sollte auch die Schaffung von möglicher Infrastruktur für weitere wissenschaftliche Einrichtungen erwogen werden.

 

Der Bürgermeister hat zur Bearbeitung dieser Überlegungen eine Projektgruppe im Rathaus eingesetzt.

 

Das Projekt sah folgenden Ablauf vor:

 

Der unmittelbare Beginn einer Vorphase mit

 

  • der detaillierten Analyse der bestehenden Situation der Kultureinrichtungen und dem Aufstellen individueller Leitbilder der Einrichtungen
  • der Entwicklung eines integrierten Gesamtkonzeptes für eine gemeinsame Einrichtung und Identifizierung möglicher Standorte mit den ersten konkreten Aussagen über die Höhe der voraussichtlichen Gesamtkosten und
  • Alternativaussagen über die Entwicklungsmöglichkeiten an den jetzigen Standorten bzw. Lösungen mit verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der Einrichtungen.

 

Im Ergebnis der Vorphase wird die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung am 30.06.2006 stehen, das Konzept vorbehaltlicher von Finanzierungsmöglichkeiten an einem ausgewählten Standort umzusetzen oder das Vorhaben nicht weiterzuführen.

 

 

Sollte die Stadtverordnetenversammlung die Umsetzung beschließen, kommt es zu den Phasen  Detailplanung mit der Akquise von Finanzierungsmitteln. Sollte dies ebenfalls positiv verlaufen geht das Projekt in die Umsetzungsphase.

 

 

Allen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung wurden bis Ende 2004 die Projektüberlegungen detailliert vorgestellt und ausführliche Planungsdokumentationen übergeben.

 

Bis Mitte 2005 wurden die Ist-Analysen und die individuellen Leitbilder sowie erste konzeptionelle Überlegungen abgeschlossen. Ergänzt wurde dies durch eine Prüfung möglicher Standorte.

 

Diese Punkte  werden u.a. Ausführungen im integrierten Gesamtkonzept sein und damit wird dies ausführlich in den Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung zur Diskussion stehen.

 

 

Vorab läßt sich grundsätzlich folgendes Bild der Kultureinrichtungen zeichnen:

 

Bibliothek

 

  • räumlich eingeschränkte Unterbringung (Hermannstraße 5), die keine Entwicklungsmöglichkeiten bietet, daher ist auch keine Trennung in Bibliotheksbereiche möglich (z.B. für Erwachsene und für Kinder)
  • unterdurchschnittliche Ausstattung an Medienbeständen im Verhältnis zum Land Brandenburg und innerhalb des Landkreises Spree-Neiße, verbunden mit gleichfalls zu geringem Beschaffungsetat
  • hoch engagiertes und sehr gut ausgebildetes Bibliothekspersonal
  • die Einrichtung befindet sich in von der FWG angemieteten Räumen
  • jährlich über 100.000 Bibliotheksentleihungen und damit eine überdurchschnittliche Nachfrage an Medienbeständen

 

Stadtarchiv

 

  • Räumlich zu geringe Lagermöglichkeiten im Rathaus für Archivgut (Kapazitätsreserven stehen kurzfristig nicht mehr zur Verfügung)
  • die Unterbringung befindet sich in ungeeigneten Kellerräumen, die feucht und mit Schimmel befallen sind (kurzfristige unbedingt notwendige Raumsanierungsmaßnahmen sind daher umgehend zwingend erforderlich)
  • ansehnlicher, aber im Wesentlichen unerschlossener historischer Archivbestand
  • Archivgut ist in den letzten Jahrzehnten immer stärker in der Substanz beschädigt worden, umfassende Restaurierungsmaßnahmen am Archivgut sind daher notwendig
  • notwendige Rauminfrastruktur für Arbeiten am Archivgut steht nicht zur Verfügung
  • die Führung des Archivs steht unter engagierter wissenschaftlicher Leitung

 

 

Brandenburgisches Textilmuseum

 

  • befindet sich in einer alten nur im geringen Umfang sanierten Textilfabrik (Sorauer Straße 37)
  • vollständig saniert ist das Erdgeschoß des Hauptgebäudes, durch den Museumsverein saniert ist die 1. Etage, die restlichen Flächen im Haupt- und Nebengebäude befinden sich seit der Übernahme durch die Stadt Forst (L.) im Jahr 1993 im unveränderten Zustand mit den entsprechenden baulichen Unzulänglichkeiten und ohne Heizmöglichkeiten
  • es fehlen Ausstellungsbereiche zur Stadtgeschichte und zur Textilindustrie
  • Depotflächen bieten keine langfristig verlässliche Aufbewahrung historischer Objekte: „etwa 70% der Bestände sind derzeit nicht sachgemäß untergebracht“ (Dr. Köstering, Geschäftsführerin des Museumsverbandes des Landes Brandenburg e.V.)
  • eine Museumsentwicklungskonzeption liegt derzeit nicht vor (wird aber bis Ende 2006 durch den Museumsverband des Landes Brandenburg e.V. entwickelt)
  • das Museum ist eine Einrichtung mit brandenburgischer Alleinstellung und steht damit im Landesinteresse mit überregionaler Ausstrahlung
  • der Museumsverein betreibt engagiert das Museum im Rahmen eines Betreibervertrages mit der Stadt Forst (L.) seit Jahreswechsel 1995/1996
  • seit Eröffnung am 26.08.1995 bis 25.08.2005 insgesamt 58.185 Besucher

 

 

Die Ist-Analyse zeichnet damit insgesamt ein ernüchterndes Bild der drei Kultureinrichtungen. Obwohl sie durch die Mitarbeiter mit Identität und sehr hohem Engagement betrieben werden und eine intensive öffentliche Nachfrage bedienen, ist ihre inhaltliche und bauliche Entwicklung in den letzten Jahren auf Grund der fehlenden prioristierten Rahmenbedingungen der Stadt überwiegend zum Stillstand gekommen. Damit können die Einrichtungen keine wirklichen Impulse für das Bildungs- und Kulturleben der Stadt Forst (L.) geben. Im interkommunalen Vergleich droht die Stadt Forst (L.) jeglichen Anschluss zu verlieren. Während in der Stadt Spremberg der Landkreis Spree-Neiße erhebliche Investitionen in das Museum und die Bibliothek in den letzten Jahren getätigt hat und damit einen beispielhaften Akzent für ganz Südbrandenburg gesetzt hat, investiert die Stadt Guben in diesen Tagen in eine beachtliche kulturelle Infrastruktur. Unsere nördliche Nachbarstadt baut im Rahmen der Standortentwicklung für ein neues Rathaus neue Bibliotheks-, Veranstaltungs- und Museumsräume in einem gemeinsamen Objekt. Ist dies in den nächster Zeit abgeschlossen, haben beide Städte neben einer entsprechenden Wirtschaftsinfrastruktur auch eine zukunftssichere Bildungs- und Kulturbasis geschaffen. Damit wird der Anspruch auf den Status eines Mittelzentrums (durchaus auch zu Lasten der Stadt Forst) immer deutlicher manifestiert. Damit verliert die Stadt Forst (L.) im Vergleich der regionalen Nachbarn deutlich ihre Standortqualitäten in diesem Bereich.

 

Erhält die Entwicklung einer für Forster Verhältnisse tragbaren aber doch deutlich zukunftsweisenden und herausragenden Kulturinfrastruktur keine den Umständen erforderliche Aufmerksamkeit und Priorität, bleibt diese bei dem bisher ohnehin schon unterdurchschnittlichen Entwicklungsstand der eigentlichen Möglichkeiten und wird damit der tatsächlichen Bedeutung für die Stadt Forst (L.) nicht gerecht.

 

Diese Aussagen treffen auch hinsichtlich der Position im deutsch - polnischen Grenzraum zu. Auch hier investieren die polnischen Nachbarkommunen erhebliche Aufwendungen in entsprechende Kultur- und Bildungsrahmenbedingungen (so befindet sich beispielsweise in Zary die große Stadtbibliothek in hervorragenden sanierten Räumlichkeiten, eine private Hochschule ist eröffnet worden und in Zagan steht der Aufbau eines europäischen Musikzentrums an). Heute entscheidet zunehmend die Bildungsqualität und ihre kulturelle Integration über die Standortqualität.

 

Die Stadt Forst (L.) kann derzeit dieser Entwicklung nichts entgegensetzen, bzw. hat es in ihrer bisherigen Entwicklung (vielleicht mit Ausnahme des Aufbaus des Textilmuseums Anfang der 90iger Jahre) auch nicht vor gehabt.

 

Für die weiteren Überlegungen der städtischen Kultureinrichtungen sind also zusammenfassend zwei Kernaussagen zu treffen:

 

 

  1. Die Kultureinrichtungen befinden sich trotz engagiertem Personal in einem unterdurchschnittlichem Zustand, die ihren tatsächlichen Möglichkeiten nicht gerecht werden.

 

  1. Die Entwicklung der kulturellen Infrastruktur stand bisher nicht im Focus der regionalen Entwicklung. Ohne zielgerichtetes umgehendes Handeln droht ein Verlust von entsprechenden Standortqualitäten.

 

 

Der Zeitpunkt für eine umfassende Diskussion zu diesem Thema ist gekommen, aber keineswegs ist eine überstürzte Beschlussfassung weder zweckmäßig noch notwendig. Vielmehr soll in den nächsten Monaten eine von Sachargumenten geprägte Behandlung der Thematik im Vordergrund stehen.

 

Gleichfalls wird die Stadt Forst (L.) Gespräche mit interessierten Dritten über eine gemeinsame Entwicklung eines möglichen Standortes weiterführen. Hier ist aber voraussichtlich frühestens im Mai 2006 mit entsprechenden Aussagen zu rechnen. Daher trägt die hier vorliegende Terminisierung der Beratungen und Beschlussfassungen der Stadtverordnetenversammlung dem Rechnung.

 

Eine Beratung und Beschlussfassung zur Verlängerung des Betreibervertrages mit dem Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz) e.V.  bezügliche des Museums kann unabhängig erfolgen. Er ist zeitlich befristet. Eine praktische Neuordnung der Kultureinrichtungen könnte aufgrund des notwendigen Planungsvorlaufes ohnehin erst ca. 2009 beginnen.

Bis zu diesem Zeitpunkt werden im Brandenburgischen Textilmuseum keine investiven Maßnahmen durchgeführt. Ausnahmen bilden Maßnahmen die sich auf die Gebäudeinstandhaltung beziehen.

 

Gleiches gilt auch für das Archiv. Investitionsmaßnahmen werden nur im unbedingt erforderlichem Umfang realisiert. Grundsätzlich ist dies neu zu überdenken, wenn das Gesamtprojekt im angestrebten Umfang nicht realisiert oder entscheidend modifiziert wird.