Bürgerinfo - Stadt Forst (Lausitz)
Beschlussvorschlag:
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Forst (Lausitz) beschließt die Ablehnung des Antrages auf Einleitung eines Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplanes auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 BauGB mit der Bezeichnung „Errichtung einer Freiflächenfotovoltaikanlage im Ortsteil Klein Jamno der Kreisstadt Forst (Lausitz)“ sowie auf Einleitung eines vorbereitenden Bauleitplanverfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes.
Der in der Anlage befindliche Lageplan ist Bestandteil des Beschlusses. Erläuterungen:
Die Firma EnBW Baden-Württemberg, Schelmenwasenstraße 15 aus 70567 Stuttgart hat die Absicht, eine Freiflächenfotovoltaikanlage in der Flur 3 der Gemarkung Klein Jamno im Ortsteil Klein Jamno entlang den Bahnschienen auf der Grundlage von zwei Bauleitplanverfahren zu entwickeln und auf der Grundlage eines späteren Bauantrages zu errichten. Die für das Vorhaben vorgesehenen Flächen umfassen eine Fläche von 12 ha.
Antrag der Firma EnBW Baden-Württemberg und daraus resultierende Erforderlichkeit zur Einleitung von zwei Bauleitplanverfahren
Mit Mail vom 04.08.2021 wurde durch die Firma EnBW Energie Baden-Württemberg als Vorhabenträger ein Antrag auf Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens mit der Bezeichnung „Errichtung einer Freiflächenfotovoltaikanlage im Ortsteil Klein Jamno der Kreisstadt Forst (Lausitz)“ gestellt. Um dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB zu entsprechen, soll im Parallelverfahren gemäß § 8 Abs. 3 BauGB im Rahmen eines vorbereitenden Bauleitplanverfahrens der Flächennutzungsplan geändert werden.
Der angedachte Entwicklungsstandort für Fotovoltaikanlagen wurde im gültigen Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1998 als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
Angedacht ist ein städtebaulicher Vertrag mit der Stadt Forst (Lausitz) gemäß § 11 BauGB. Eine Kostenübernahmeerklärung ist im Antragsschreiben enthalten.
Voraussetzung dieser Entwicklung ist die Einleitung eines
a) Bebauungsplanverfahrens sowie eines b) vorbereitenden Bauleitplanverfahrens (Änderungsverfahren zum Flächennutzungsplan)
Entwicklungsziele der beiden Bauleitplanverfahren
a) Bebauungsplan b) Vorbereitendes Bauleitplanverfahren
Vorgesehene Bauweise
Fotovoltaikfreiflächenanlage Aufgeständerte Bauweise Errichtung eines Fundaments nicht notwendig Installation der Module auf Modultischen
Anlassbezogene Bauleitplanung (§ 1 Abs. 3 BauGB)
Die Gemeinden haben Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht kein Anspruch. Ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
Das Recht der örtlichen Bauleitplanung ist den Gemeinden verfassungsrechtlich garantiert. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sichert den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Vor diesem Hintergrund bestimmt das BauGB in § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 Satz 1 die Bauleitplanung als Aufgabe der Gemeinde, die diese in eigener Verantwortung wahrzunehmen hat (gemeindliche Planungshoheit).
Die Gemeinde kann hierbei im Rahmes ihres pflichtgemäßen Ermessens eigenständig entscheiden.
Anpassungspflicht an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB)
Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
Grundsätze, die zu beachten sind (§ 1 Abs. 5 BauGB)
Nachhaltige städtebauliche Entwicklung Wirtschaftliche und umweltschonende Anforderungen auch gegenüber künftigen Generationen in Einklang bringen Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt Natürliche Lebensgrundlagen schützen Orts- und Landschaftsbild erhalten und entwickeln
Einschätzung der Verwaltung
Grundsätzlich sind Fotovoltaikanlagen vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Neuausrichtung der Energiepolitik gewollt. Jeder Standort ist jedoch im Rahmen einer Einzelfallprüfung hinsichtlich seiner Lage und seines Umfeldes eigenständig zu bewerten.
Bei dem Standort in Klein Jamno werden folgende Hemmnisse für eine zukünftige Entwicklung gesehen:
Beeinträchtigung des Landschaftsraumes
Bei dem Standort handelt es sich um einen intakten und lebenswerten Landschaftsraum im klassischen Außenbereich ohne jegliche Kontamination/Altlasten in unmittelbarer Nähe zur Bergbaufolgelandschaft.
Die Aufstellung von Fotovoltaikanlagen auf 12 ha bislang unversiegelter Fläche hat nicht unerhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild.
Resultat der Aufstellung wäre der erneute Verlust von Flächen inmitten der freien Landschaft mit dem Ergebnis einer Landschaftszersiedelung und der Zerstörung von Landschaftsraum.
Betroffenheit von Schutzgebieten
Auf der westlichen Seite der vorgesehenen Aufstellfläche für Fotovoltaikanlagen grenzt das in Rede stehende Gebiet in Klein Jamno unmittelbar an das Landschaftsschutzgebiet „Wiesen- und Teichgebiet Eulo und Jamno“ an.
In nordwestlicher Richtung in ca. 630 m Entfernung beginnt das Naturschutzgebiet Euloer Bruch.
Priorität der Nutzung von kontaminierten Flächen für Fotovoltaikanlagen sowie Flächen im Tagebaubereich
Gemäß dem Klimaschutzkonzept der Stadt Forst (Lausitz) sind insbesondere altlastenbehaftete Flächen für die Aufstellung von Fotovoltaikanlagen in Anspruch zu nehmen. Ziel muss es sein, diese Flächen durch entsprechende Abrissmaßnahmen einer städtebaulichen Aufwertung zuzuführen.
Gemäß den vorläufigen Handlungsempfehlungen des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) zur Unterstützung kommunaler Entscheidungen sollen bei einer Freiflächenauswahl Fotovoltaikanlagen bevorzugt auf ehemaligen Tagebaugebieten, soweit sie nicht naturschutzfachlich wertvoll und naturschutzrechtlich gesichert sind, aufgestellt werden.
Kein unbegrenztes Wachstum bei erneuerbaren Energien
Auf dem Territorium der Stadt Forst (Lausitz) befinden sich eine Vielzahl von Anlagen für erneuerbare Energien, weitere Standorte für erneuerbare Energien befinden sich in/kurz vor der Entwicklung.
Beispiele für Standorte von erneuerbaren Energien auf dem Territorium der Stadt Forst (Lausitz):
a) Anlage der Firma Envitec (Bioenergiepark Forst (Lausitz), B-Plan IGG Forst-Süd, Teilgebiet 9) b) Anlage der Agrargenossenschaft an der Domsdorfer Straße
a) 5 Windkraftanlagen in Briesnig, 17 weitere WKA sollen aufgestellt werden mit 16 MW Nennleistung b) 17 Windkraftanlagen im geplanten Windpark „Briesnig II“, 17 Anlagen der 5,6-MW-Klasse = 95,2 MW
a) Vielzahl von Fotovoltaikanlagen auf dem Territorium der Stadt Forst (Lausitz), davon in 8 bestehenden Bebauungsplangebieten ca. 13 MWp (6 Standorte auf kontaminierten Böden) b) Bauleitplanverfahren auf geeigneten ehemaligen Tagebauflächen „Energiepark Bohrau“ mit 410 ha Größe mit ca. 410 MWp (zukünftiges Plangebiet)
Sonstige Hinweise
Ein konkreter Antrag liegt derzeit vor. Mehrere Anfragen wurden mündlich gestellt.
Begründung der Ablehnung des Antrages
Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen in Einklang bringen, erreichen. Es soll eine menschenwürdige Umwelt gesichert werden, die natürlichen Lebensgrundlagen sollen geschützt und entwickelt werden. Das Orts- und Landschaftsbild soll erhalten bleiben.
Daher soll die Bewertung, Abwägung und Entscheidung alle positiven und negativen Auswirkungen in ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht berücksichtigen, um die Nachhaltigkeit von Projekten zu sichern.
Hinsichtlich des rasanten Wachstums bei erneuerbaren Energien, insbesondere auch bei Fotovoltaikanlagen, ist die Stadt gegenüber ihren Bürgern verpflichtet, nicht nur übergeordnete Wirtschaftsinteressen zu berücksichtigen, sondern im Falle von Anträgen zur Einleitung von Bauleitplanverfahren auch naturschutzrechtliche, landschaftsbildprägende, vergleichende Betrachtungen vorzunehmen sowie das Wohl der Bürger der eigenen Stadt im Auge zu behalten. Hierbei kann nicht jeder einzelne mögliche Aufstellort für Fotovoltaikanlagen berücksichtigt werden.
Die Stadt Forst (Lausitz) hat in einer Vielzahl von Bauleitplanverfahren ihre Aufgeschlossenheit und Akzeptanz zu Fotovoltaikanlagen in Freiflächenaufstellung gezeigt und steht im Einklang mit den Vorgaben des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Forst (Lausitz).
Bei diesem Standort ist jedoch insbesondere zu berücksichtigen, dass anstelle von traditionellen Ackerflächen Modulfelder und dazwischenliegende Wiesenstreifen während einer Dauer von 30 – 40 Jahren das Bild der Landschaft prägen werden. Aufgrund ihres technischen Charakters und der Neuartigkeit von PV-Freiflächenanlagen werden diese vielfach als eine Störung des Landschaftsbildes (Hinweis: Nähe zum Siedlungsbereich) empfunden.
Die Zersiedelung des freien Landschaftsraumes steht in Kollision mit den Zielen der Raumordnung.
Hinsichtlich der unmittelbaren Nähe zu Siedlungsbereichen, des unmittelbar angrenzenden Landschaftsschutzgebietes „Wiesen- und Teichgebiet Eulo und Jamno“, des nahegelegenen Naturschutzgebietes „Euloer Bruch“ (intakte Landschaftsräume) und in unmittelbarer Nähe zur Bergbaufolgelandschaft wird seitens der Verwaltung empfohlen, dass in Bezugnahme auf die angedachten Flächen in Klein Jamno keine Bauleitplanverfahren eingeleitet werden und die Flächen somit perspektivisch nicht für die Aufstellung von Fotovoltaikanlagen in Anspruch genommen werden. Ziel der Stadtentwicklung sollte der behutsame Umgang mit dem Landschaftsraum sein. Anlagen: Anlage 1 – Lageplan Anlage 2 – Übersichtsplan
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